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Immaterielles Kulturerbe

Bräuche, Wissen, Handwerkstechniken  
Foto: © UNESCO/James Muriuki

Pecherei in Niederösterreich
Traditionelles Handwerk in Niederösterreich, aufgenommen 2011

Pecherei ist ein seit Jahrhunderten übliches Handwerk, welches der Gewinnung von Harz von Föhrenbäumen dient. Der Stamm des Baumes wird oberflächlich verwundet, um so den Harzfluss künstlich anzuregen. Das gewonnene Harz, auch Pech genannt, wird in Raffinerien und Siedereien zu Terpentinöl und Kolophonium verarbeitet. Diese Zwischenprodukte waren bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts die Grundlage zur industriellen Erzeugung von Papier, Lacken, Farben, Seife und vielen anderen Produkten.

Das Pechergewerbe hat über Jahrhunderte die Landschaft, Wirtschaft und Kultur der Region des südöstlichen Niederösterreichs geprägt. Eng verknüpft ist sie mit dem Vorkommen von Föhren, insbesondere Schwarzföhren. Das Verbreitungsareal dieser Föhrenart erstreckt sich von der Stadtgrenze Wiens bis ins Wechselgebiet und die Ebene des Steinfeldes, wobei viele Flächen künstlich angelegt wurden. Die Pecherei bildete für tausende Familien im südöstlichen Niederösterreich über Jahrhunderte hinweg eine wichtige Einnahmequelle und ist bis heute in den Bezirken Mödling, Baden, Wiener Neustadt und Neunkirchen anzutreffen. Das Handwerk wird von einer an die nächste Generation innerhalb des Familien- und Freundeskreises mündlich weitergegeben. Schriftliche Quellen sind kaum zu finden.
Die Pecherei ist seit dem Mittelalter direkt oder indirekt belegt, beispielsweise über Flurnamen, und erfuhr ab dem 18. Jahrhundert eine spezielle Förderung. Das heute in Österreich gewonnene Pech wird mit den gleichen traditionell überlieferten Arbeitstechniken wie schon vor Jahrhunderten erzeugt. Viele Betriebe konnten jedoch der starken Konkurrenz durch Billigimporte und kostengünstigere heimische Produkte aus Mineralöl nicht standhalten und mussten zusperren. Heute gibt es nur noch acht Pecher*innen in Österreich und einen einzigen verarbeitenden Betrieb. Der weitere Fortbestand der Pecherei für kommende Generationen ist derzeit nicht gewährleistet, da sie sich rein wirtschaftlich kaum rentiert. In vielen anderen Regionen Europas ist die Pecherei bereits ausgestorben.

Kontakt

Ernst Schagl
2751 Matzendorf-Hölles
ernst.schagl@gmx.at
www.pecherpfad-hoelles.blogspot.com

Downloads

Galerie

Jahresarbeit eines Pechers bzw. einer Pecherin
Bewahrung des Wissens um die Pecherei

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