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Immaterielles Kulturerbe

Bräuche, Wissen, Handwerkstechniken  
Foto: © UNESCO/James Muriuki

„Ausführen des Hauerfahns“ und der Hüterbaum in Wolkersdorf im Weinviertel
Gesellschaftliche Praktiken in Niederösterreich, aufgenommen 2024

Jährlich wird in Wolkersdorf bei der Fronleichnamsprozession die große Hauerfahne mitgetragen. Dabei tragen acht Personen aus dem Kreis der Wolkersdorfer Winzer*innen („Hauerburschen" und „Hauermädchen“) die Fahne, was als schwerste aber ehrenvollste Aufgabe angesehen wird. Dieselben „Hauerburschen“/„Hauermädchen“ sind auch mit dem Aufstellen und Umschneiden des Hüterbaumes in Wolkersdorf betraut. Das Aufstellen ist mit zahlreichen Aktivitäten, Kulinarik und musikalischer Begleitung verbunden. Beide Praktiken spiegeln die enge Verbundenheit der Ortschaft mit dem Weinanbau wider.

Erste schriftliche Belege über die Ausübung der Traditionen um die Hauerfahne in Wolkersdorf finden sich im späten 19. Jahrhundert, die aber auf ein langes Bestehen der Praxis hinweisen. Diese sollte einerseits den Standesstolz der örtlichen Weinbauern und Weinbäuerinnen verdeutlichen und durch die repräsentative Ausformung die gesellschaftliche Relevanz sichtbar machen. Damals wie heute ist das Tragen der Hauerfahne mit Vielzahl von Praktiken und Ritualen umgeben, die über die Jahre weitergegeben wurden, sich allerdings mit der Zeit zum Teil geändert haben. Dies betrifft einerseits die speziell dafür getragene Kleidung, wie Schärpen, Weinlaubkranz und Kalmuckjanker (wobei früher auch Frack und Zylinder getragen wurden), aber auch gemeinschaftliche Arbeiten im Vorfeld wie das Schmücken der Fahne mit Rosen, Weinlaub und Kornähren.

Waren die „Hauerbuschen“ ehemals die Söhne der lokalen Winzer*innen, sind es heute auch weitere Personen (aller Geschlechter und jeden Alters) aus und rund um Wolkersdorf. Seit den 1970er Jahren wird von denselben Personen auch das Aufstellen und Umschneiden eines Hüterbaumes am Wolkersdorfer Hauptplatz durchgeführt. Der Hüterbaum markiert den Beginn und das Ende der Weinlese und wird nach Martini (11. November) umgeschnitten. Dabei sind die Ausübenden mit dem Fällen, Schmücken, Aufrichten und Schneiden eines Baumes betraut, sowie der Ausrichtung des Festes zur Verkostung des ersten Jungweines. Die Gemeinschaft der „Hauerburschen“ und „Hauermädchen“ wird vom Weinbauverein Wolkersdorf, der Stadtgemeinde, der Kapelle und Pfarrgemeinde finanziell wie organisatorisch unterstützt, da das „Ausführen des Hauerfahns“ und der Hüterbaum für die lokale Gemeinschaft als wichtige soziale und identitätsstiftende Praxis angesehen werden.

Die Praxis der Hauerfahne konnte sich aufgrund des Einsatzes der Ausübenden weiter in der Gegend erhalten, die ansonsten vielerorts abgekommen ist. Durch verschiedene Erhaltungsmaßnahmen wird weiterhin sichergestellt, dass die Praxis auch weiter bestehen bleibt. Dazu zählen unter anderem Medienauftritte, Ausstellungen, veröffentlichte wie geplante Studien und Publikationen. Bild- und Videomaterial wird über die Topothek der Stadtgemeinde gesammelt, laufend erweitert und für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Kontakt

Bernd Semrad
2120 Wolkersdorf
stadtamt@wolkersdorf.at
www.wolkersdorf.at

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